© Julian Lopez Gonzalez / Shutterstock.com

Pilgerwege Bad Westernkotten

"Anders gehen": Der Pilgerweg in Bad Westernkotten ermöglicht an sieben Stationen zur Ruhe zu kommen und Impulse für den Alltag zu erhalten. Außerdem gibt es den Lobetagsweg, der aus dem Versprechen aus dem Jahre 1635 zurück geht.

"Anders gehen"

Das Pilgern ist eine alte Tradition, bei der sich Menschen auf den Weg begeben, um sich Gott zu nähern. Heute hat das Pilgern neben den religiösen Motiven noch zahlreiche weitere. So geht es immer häufiger auch um Sinnsuche, Selbstfindung oder das Abschalten vom Alltag.

Dabei muss der Weg aber nicht etwa gleich der Jakobsweg sein. Sich aufmachen, das geht auch im Kleinen. Wie etwa auf dem neuen Pilgerweg in Bad Westernkotten.

Der erste offizielle Pilgerweg des Heilbades ist nach zwei Jahren Planung nun eröffnet. Sein Motto lautet „Anders gehen“.

Die Idee entstand während der Corona-Pandemie, als Treffen schwierig waren. Es bildete sich ein Arbeitskreis und die Arbeiten begannen. „Mittlerweile ist wieder so viel los, dass es Möglichkeiten zum Innehalten braucht“, findet Anette Sellmann, eine der Hauptinitiatorinnen des Weges.

Hauptziel ist es, das die Pilger auf dem Weg zur Ruhe kommen und dabei Impulse erhalten. An verschiedenen Stationen soll der Blick auf das eigene Leben, die Natur oder auch Gott und die Welt geschärft werden. „Wir wollen alle Zielgruppen ansprechen: Gläubige, aber auch Menschen, die einfach spirituelle Impulse wünschen. Wir sind überzeugt, dass der Weg auch viele gute Gedanken für Menschen parat hält, die, die Bindung zur Kirche verloren haben“, erklärt Annette Filz vom Team des Arbeitskreises. Auch viele unserer Kurgäste sind auf der Suche nach Orientierung, fügt Anette Sellmann hinzu.

An der Gestaltung des Weges haben sowohl katholische als auch evangelische Christen gemeinsam gearbeitet. Finanzielle Unterstützung für die Umsetzung kam vom Erzbistum Paderborn. Die Rentnertruppe des Kurortes hat dann die Schilder aufgestellt und die Wege markiert.

Der Heilbad-Pilgerweg beginnt in Pastors Garten neben der Kirche. Der Weg ist ca. neun Kilometer lang und es werden sieben Stationen angesteuert.

Neben Pastors Garten gehören dazu die Schäferkämper Wassermühle, die Josefslinde, der Erwitter Bruch, das zweite Gradierwerk im Kurpark, das Pfadfinderhaus und das Naturschutz- und Moorabbaugebiet Muckenbruch. Zum Nachdenken regen Bibelworte, Texte aus der Literatur und Impulsfragen an den einzelnen Stationen an. Die Themen sind passend zum jeweiligen Ort gewählt, erläutert Elisabeth Hollenbeck. In Pastors Garten lautet die Frage an die Pilger, die sich auf den Weg machen wollen: „Was möchte ich mitnehmen auf den Weg? Was will ich zurücklassen“. Vertiefende Informationen können mit dem Mobiltelefon mittels eines QR-Codes abgerufen werden. Auf einem großen Schild in der Nähe des Starpunktes wird der komplette Pilgerweg beschrieben. Zudem sind in Pastors Garten Flyer erhältlich. Zukünftig sollen auch geführte Pilgertouren angeboten werden. Genauerer Informationen gibt es dann in der Tourist-Information, Westerntor 5c.

Weitere Informationen: www.anders-gehen.de.

Quelle: badwesternkotten.de

 

Flyer 8 Seiten anders gehen 2022

 

 

"Lobetagsweg"

Lobetagsweg

  1. Pastors Garten

Der Lobetag geht auf ein Versprechen aus dem Jahre 1635 zurück. Damals wütete der Dreißigjährige Krieg und brachte Hunger, Tod und Verderben. Und es kam noch schlimmer: Die Beulenpest, der sog. Schwarze Tod, breitete sich aus! Hilflos standen die Menschen dieser Seuche gegenüber, tagtäglich wurden Menschen hinweggerafft, der ganze Ort war abgeriegelt und stand unter Quarantäne. Die Pesttoten bestattete man notdürftig auf einem eigenen Pestfriedhof. Über 600 Opfer waren zu beklagen und nur wenige Einwohner, einige sprechen von 18, überlebten den schwarzen Tod. In ihrer Not flehten die Menschen zur Gottesmutter Maria, bei ihrem Sohn Fürsprache für sie einzulegen. Für ihre Errettung gelobten sie, jedes Jahr am Sonntag nach dem Fest Mariä Heimsuchung (2. Juli) einen feierlichen Lobetag mit großer Dankprozession zu begehen. Dies geschieht jedes Jahr bis auf den heutigen Tag.

Zur Einstimmung:

Wer zu einem Pilgerweg aufbricht, den bewegen wahrscheinlich viele Gründe.

  • Warum unternehme ich diesen Pilgerweg?
  • Worüber möchte ich unterwegs nachdenken?
  • An welche Menschen will ich besonders denken?
  • Für welche Menschen will ich vielleicht sogar beten?

Vielleicht hilft Ihnen dieses kleine Gebet:

Herr, unser Gott, begleite uns auf unserem Weg, damit wir auf den vielen Wegen unseres Lebens nicht straucheln und das Ziel unseres Lebens nicht verfehlen.

Wir machen uns jetzt auf den Weg zur Josefslinde, der ersten Station unseres Pilgerweges.

  1. Josefslinde:

Wir halten zum ersten Mal Station an der Josefslinde. Ganz in der Nähe lag der alte Pestfriedhof, auf dem damals die Pesttoten notdürftig begraben wurden.

Wir hören zuerst den Text des uralten Versprechens, den Lobetagsbrief. Uns wird bewusst, warum wir uns nach so vielen Jahren immer noch auf den Weg machen, um das Gelübde unserer Vorfahren zu erfüllen! Nehmen wir nicht Anstoß an der befremdlichen Sprache. Hören wir aus allem den Lebenswillen, das Lebensgefühl- und das Gottvertrauen heraus.

Lobetagsbrief Westernkotten 1635

 

[Gebetseröffnung]

Im Namen der Allerheiligsten und Unzerteilten Dreifaltigkeit, des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

 

 

[Ursachen der Pest]

Demnach wir allerärmste Sünder und Sünde­rinnen, armselige Kreaturen und auf diesem Jammertale herumkriechende Erdwürmlein

  • den allmächtigen, ewigen Gott, das Allerhöchste und Unendliche Gut,
  • mit vielen, schweren Sün­den und Missetaten oft und vielmals leider beleidigt und erzürnt haben

 

[Pest als gerechte Strafe]

wann dann dessentwegen von dem gerechten wie auch barmherzigen Gotte

  • mit einer gnädigen, barm­herzigen Pestilenz-Strafe secundum ordinem justitiae suae vindicativae in Gnaden visitiert und heimgesucht,
  • dafür wir der Allerheiligsten Dreifaltigkeit in alleräußerster und tiefster De­mut, wie einer Kreatur gegen den Schöpfer billig sollte gebühren, untertänigst Dank sagen
  • und Dank sagen wollen in alle Ewigkeit
  • mit dem allerdemütigsten Bekenntnis vor Gottes Angesicht, dass wir solcher Strafe wohl würdig und sie tausendmal mehr mit unsern Sünden verdient und leider verschuldet haben.

 

[Gottes Güte ist größer]

Sinte­malen [weil] aber wir in unserem christlichen katholi­schen Glauben festiglich glauben und beken­nen nebst allen Artikeln, so die ewige Wahrheit uns geoffenbart und durch die katholische Kirche zu glauben vorgestellt hat,

  • dass die Gütigkeit und Barmherzigkeit Gottes unendlich ist, und nicht begehrt den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe,
  • also ha­ben wir uns die ungezweifelte Hoffnung ver­mittelst des gnadenreichen Verdienstes Unsers Herrn Jesu Christi, unsers Erlösers und Selig­machers gemacht,
  • es werde seine göttliche Majestät durch die Fürbitte der Allerheiligsten und glorreichsten Jungfrau und Mutter, Maria, sich erbarmen und die ausgezogene Rute der eingerissenen feurigen Pestilenz von uns in Gnaden abwenden,
  • und das nicht nach unsern Verdiensten, sondern nach den unendlichen Verdiensten und der Genugtuung Jesu Christi,
  • durch die Fürsprache seiner Allerseligsten Mut­ter, Maria, deren Bildnis wir deswegen zum ewigen Gedächtnis hier in der Kapelle zu We­sternkotten lassen aufrichten,
  • wie auch unter der Fürbitte des heiligen Johannis Evangelistae, hiesiger Kapelle Patronen, des heiligen Lau­rentii Martyri, Patronen des ganzen Kirchspiel, der heiligen Rochi, Sebastiani und aller lieben Heiligen.

 

[Lobetagsversprechen]

Deswegen wir dann sämmtliche Eingesessene zu Westernkotten, als demütige Kreaturen un­ter der Allerhöchsten Herrschaft und dem Schutze des Allmächtigen Gottes voviren, loben und versprechen und verheißen der Aller­heiligsten Dreifaltigkeit, Gott dem Vater und dem Sohne und dem heiligen Geiste,

  • dass wir in Betrachtung und christlichem Bedenken, dass Du, oh Herr Jesu Christi, Sohn des lebendigen Gottes, niemals Deiner Mutter eine Fürbitte geweigert,
  • dass wir wollen das Fest der Heim­suchung Mariä, welches einfällt den 2. Juli, wie es durch die ganze Christenheit gebräuch­lich, celebriren,
  • wie auch den andern Tag da­nach, den wir dann vornehmlich anloben zur größeren Ehre Gottes und der allerheiligsten Jungfrau und Mutter Maria,
  • dass wir selbigen wollen halten, und feiern mit solcher Solen­nität, Herrlichkeit und Andacht, wie das Fest der Heimsuchung Mariä in den katholischen Kirchen gehalten wird,
  • neben einer Prozession mit dem heiligen hochwürdigsten Sakrament des Altars,
  • und dabei anloben von allen Stan­des-Personen, Adlichen und Unadlichen, Geist­lichen und Weltlichen, Reichen und Armen, Jungen und Alten,
  • dass wir uns wollen aller weltlichen Arbeit, Geschäfte, Kaufmannschaf­ten, Hantierung, ja von allen Sachen, so den Christkatholischen auf Fest- und Feiertagen verboten, enthalten,
  • fleißig zur Kirche gehen,
  • dem Amt der heiligen Messe und Predigt, wie es einem christgläubigen Menschen gebührt und wohl zusteht, beiwohnen,
  • und das bis zum Ende der Welt, so lange unserer Nachkömm­linge Einige übrig sein werden.

 

[Mahnung an die Nachkommen]

Urkund der Wahrheit haben wir unsern Nach­kömmlingen

  • dieses Instrument zu einer immer­währenden Nachricht hinterlassen,
  • mit freund­licher väterlicher Bitte und Warnung,
  • dass sie diesem unserm Gelübde am allerheiligsten und allertreulichsten nachkommen wollen.

 

Westernkotten, im Jahre 1635.

Erneuert im Jahre 2020

 

Wir setzen unseren Pilgerweg fort. Vielleicht helfen Ihnen folgende Gedanken auf dem nächsten Abschnitt des Weges:

  • Welche Sorgen treiben mich um?
  • Sind meine Sorgen und Probleme auch so existenziell wie damals zu Zeiten der Pest?
  • Wer hilft mir bei der Lösung?
  • Bin ich bereit, mich auch vertrauensvoll an einen liebenden Gott zu wenden?

 

  1. Marienlinde am Friedhof

Wir halten Station an der Marienlinde am Friedhof. Wir denken an unsere Verstorbenen, die vielleicht schon vor uns diesen Lobetagsweg gegangen sind. Wir machen uns bewusst, dass Menschen sich zu allen Zeiten auf den Weg gemacht haben, um Gott zu suchen und vielleicht zu finden.

Beim traditionellen Lobetag wird an der Marienlinde immer eine Predigt gehalten. Hier einige kurze Gedanken aus der Predigt von Msgr. Ullrich Auffenberg aus dem Jahre 2019, in der es darum geht, ob Gott Menschen für ihr Fehlverhalten bestraft:

„Und trotzdem weigere ich  mich an einen Schöpfer zu glauben, der kleine Kinder leiden lässt. Heute wagen wir auszusprechen, was der Psalmist vielleicht dachte, aber nicht zu sagen wagte: „Willkürlich allmächtig kann dieser Gott nicht sein. Aber durch Jesus wissen wir: Gott ist sympathisch im eigentlichen Sinne des Wortes ist: Mit-leidend. Das bedeutet: Abschied zu nehmen von einem allmächtigen Gott, der wie ein Super-König von oben die Schicksale der Menschen gleichgültig verteilt, dem also gleichgültig wäre, Menschen leiden zu sehen? Und Hin-wendung zu einem Gott, der selbst so ohnmächtig wurde, dass er in tiefster Verzweiflung Blut schwitzte und uns zeigte: Der Weg endet da nicht, er mündet in Erlösung. Es gibt selbst unter dem Abgrund noch einen Grund. Ich, Jesus aus Nazareth, habe den Tod  geschafft und Du schaffst ihn  auch. Ich kann Dir den Schmerz nicht ersparen, aber ich führe dich ins Licht. Mein Versprechen halte ich.“

Wir wollen nun auf dem Pilgerweg weitergehen und bedenken: „Gott geht alle Wege unseres Lebens mit uns.“  Er, der uns sein Weggeleit versprochen hat, ist dort, wo Menschen wohnen, arbeiten, leiden, feiern, sich freuen, betreut werden oder sich versöhnen.

 

  1. Antoniuslinde

An der Antoniuslinde halten wir zum dritten Mal an und hören Fürbitten von Jugendlichen unserer Gemeinde. Sie tun das in ihrer Sprache und bringen so zum Ausdruck, dass sie die Lobetagstradition weitertragen und immer wieder neu beleben wollen.

  • Unser Lobetag hat seine Wurzeln im Dreißigjährigen Krieg. Unsere Vorfahren haben das Ausmaß der kriegerischen Auseinandersetzungen mit Gewalt, Hunger, Krankheit und Tod hautnah erlebt. Heute herrscht in vielen Teilen der Welt Krieg, als hätten die Menschen nichts aus der Geschichte gelernt. Wir beten für die Verantwortlichen in Politik und Militär, dass sie die Weisheit entwickeln, friedliche und menschenwürdige Lösungen für die gegenwärtigen Konflikte zu finden. – Gott, unser Vater …

 

  • Der Dreißigjährige Krieg war ein Glaubenskrieg. Auch heute werden Kriege in der Welt aufgrund von Glauben und Religion geführt. Wir bitten für alle Religionen, dass sie nicht Grund für Entzweiung sind, sondern Erbauer des Friedens. – Gott, unser Vater …

 

  • Unsere Vorfahren haben sich wie „armselige Kreaturen“ gefühlt, so hörten wir es im Lobetagsbrief. Auch heute gibt es unter uns Menschen, die ihren Lebensmut verloren haben und denen der Boden unter den Füßen weggezogen wurde, die sich „armselig“ fühlen. Wir bitten für die Unterdrückten, Armen, Hungernden und Flüchtlinge, dass ihre Hoffnungen nicht zerstört werden. – Gott, unser Vater …

 

  • Wir erleben in unserem Umfeld, dass viele Menschen keine Beziehung mehr zur Kirche und zur Gemeinde haben. Und doch fragen sie nach Gott und suchen Wege zum Leben. Wir bitten um Gottes Geist, der uns hilft, einfach von ihm zu sprechen, vom Glauben und von der Hoffnung, die uns bewegt. – Gott, unser Vater …

 

Gott, du liebst diese Welt und willst, dass sie gerettet wird; Leben in Fülle willst du für uns Menschen. Dafür danken wir dir und loben dich, heute und alle Tage unseres Lebens. Amen.

 

Wir gehen nun den letzten Abschnitt des Lobetagsweges zur Franziskuslinde am Schützenplatz.

  1. Franziskuslinde am Schützenplatz

An dieser 4. Station denken wir an den großen Missionar Franziskus Xaverius. Er trug das Wort Gottes in die Welt. Denken wir hier und jetzt besonders an solch mutige Menschen in unserer Zeit.

Und vielleicht haben wir ja selber den Mut, für Gott einzutreten und die Botschaft von einem unendlich und bedingungslos liebenden Gott in die Welt zu tragen!

Machen wir uns abschließend bewusst: Gott denkt unendlich groß von den Menschen. In dieser Zuversicht können wir immer wieder optimistisch in die Zukunft schauen, in guten und in schlechten Tagen. Jeder Tag hält Neues bereit, jeder Tag kann ein Abenteuer in Gottes guter Schöpfung sein. In diesem Sinne wollen wir Gott heute und alle Tage loben, dass er es so gut mit uns meint. So kann jeder Tag ein „Lobetag“ sein!